Tatiana Cioban
und die Chancen des Mikrokredits
Wer zum Schönheitssalon von Tatiana Cioban gelangen will, der muss erst einmal den Hof eines dieser für Rumänien typischen Wohnblocks durchqueren. Im Parterre haben Friseuse Tatjana und eine Fußpflegerin ein einfaches Geschäft eröffnet, das hier im Stadtzentrum nicht über fehlende Kundschaft klagen kann.
Nein, sie arbeiten nicht schwarz. Sie haben den Salon ordnungsgemäß angemeldet. Dass sie auch ohne große Ersparnisse Waschbecken, Trockenhauben und Kosmetiktische anschaffen konnten, verdanken die Frauen einem Mikrokredit.
Die örtliche Mikrofinanzierungs-Organisation hat die fleißigen Frauen ohne großen Aufwand und ohne Extra-Gebühren gefördert. „Die Zinsen zahlen wir wöchentlich im Büro gleich um die Ecke zurück,“ berichtet Tatjana Cioban. Für die herkömmlichen Geschäftsbanken waren die junge Mutter und die Kollegin unattraktive Kunden gewesen.
Doch für Organisationen, die seit Jahren auch in Rumänien Minikredite zu fairen Konditionen verteilen, waren andere Kriterien wichtig: Mut, Kreativität und ein gesunder Geschäftssinn. Wobei sich die Mikrokreditgeber ihre Partner auch gezielt aussuchen: Die Ausfallquote von Kleinkrediten geht bei Frauen erfahrungsgemäß gegen Null.
Tatiana Cioban und ihre Kollegin haben die Chance auf jeden Fall ergriffen. Von der in weiten Bevölkerungsteilen grassierenden Armut und Perspektivlosigkeit sind sie nicht betroffen. Sie werden nicht wie große Teile der jungen Generation die Heimat verlassen, um in den westlichen EU-Ländern im Billiglohnsektor zu arbeiten. Sie werden ihre Kinder nicht bei den Großeltern zurücklassen müssen, um zu überleben.
Dass eine Frau und Mutter berufstätig ist, das gilt in Rumänien seit sozialistischen Zeiten als selbstverständlich. Was aber nicht heißt, dass sie damit weniger Hausarbeit leisten muss als ihre Schwester im Westen.
Auch sind Rumäninnen keineswegs erfolgreicher als ihre deutschen Geschlechtsgenossinnen an die Hebel der Macht gelangt. In den oberen Etagen großer Unternehmen oder auch der Politik sind Frauen im Karpatenstaat ebenfalls noch kaum zu finden.
Zumindest haben die jungen Rumäninnen es in Sachen Familienplanung entschieden leichter als ihre Mütter und Großmütter, die meist einige Male abgetrieben hatten. In der Diktatur des „Karpatengenies“ waren Verhütungsmittel verboten gewesen. Als Erbe dieser dunklen Zeiten hatte das selbst in Armut versinkende Land über viele Jahre mit dem Leid unzähliger Waisen- und Straßenkinder zu tun.
Doch heute sehen junge Frauen wie Tatiana Cioban in Rumänien noch ihre Zukunft – dem Mikrokredit sei Dank.
Und viele weitere Porträts zeichnen das Bild Rumäniens, Porträts prominenter ebenso wie überhaupt nicht bekannter Menschen:
- wie das über Maria Tanase, die als "Edith Piaf des Ostens" gepriesen wird
- über die Tierschützerin Ioana Popescu, die das Problem mit Straßenhunden mit zu lösen versucht
- über Constantin Brancusi, den Karpatenburschen, der in Paris die Bildhauerkunst revolutionierte
- über den Römer-Dichter Ovid, der seinen Lebensabend am Schwarzen Meer verbringen musste
- über die Literatur-Nobelpreisträgerin Herta Müller, eine ganz und gar nicht typische Banater Schwäbin
- oder über Vasilica Ciripoi, die so gar nicht ins Raster der Vorurteile über Roma passt
und und und
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